Pressemitteilung

Press Release

 

 

Durch die textile Hülle des Textilkünstlers Jan Bejšovec wird die 166 Jahre alte Friedenssäule von Christian Gottlieb Cantain zur “Bildersäule”, deren Applikationen aus der bewegten Geschichte des Mehringplatzes erzählen.
Zum 64. Jahrestag der Zerstörung dieses Wohnviertels durch einen Bombenangriff im 2. Weltkrieg öffnete die Säule als letzter Zeuge der ursprünglichen Bebauung für den Betrachter ein Zeitfenster.
Auf dem als RONDELL angelegten, später zuerst in BELLE-ALLIANCEPLATZ und seit 1945 in MEHRINGPLATZ umbenannten Platz spiegeln sich fast 300 Jahre Berliner Geschichte.

Die textile Installation zitiert symbolhaft die Geschichte der vier Bevölkerungsgruppen,
welche den heutigen Mehringplatz am deutlichsten geprägt haben:

Soldaten
Exerzierender Soldat - Seit der Anlage des Rondells wurde der Platz hinter dem Halleschen Tor als Exerzierplatz genutzt. In unmittelbarer Nähe lag eine Vielzahl von Kasernen.
Eisernes Kreuz - Die Friedenssäule markierte bis 1945 als Siegessäule den militärischen Sieg Preußens und seiner Allierten über Napoleon.
Bomben - 1945 wurde der Platz durch einen amerikanischen Bombenangriff zerstört. Mit der Niederlage im von den Nazis
verursachten II. Welkrieg endet die militaristische Deutung des Platzes durch die Umbenennung in Mehringplatz.

Bürger
Seit der Gründerzeit wandelte sich der Belle-Alliance-Platz durch den Zuzug wohlsituierter Bürger in repräsentative Neubauten. Die Parkanlage um den Brunnen wurde mit vier Skulpturengruppen verschönert. Der Platz war als Promenade und vor allem als Kinderspielplatz beliebt.

Arbeiter
Ochsenkopf - Das Armenhaus “Ochsenkopf” am Rondell Nr. 5 beherbergte die Verlierer der Preußischen Gesellschaft.
3 Pfeile - In der Lindenstraße 3 saß bis 1933 die SPD-Parteiführung. Das nach dem Zentralorgan benannte “Vorwärts”-Haus war 1918 heftig umkämpft. Die drei Pfeile der “Eiseren Front” stehen für die Verteidigung der Weimarer Republik. Seit 1996 hat die SPD ihren Sitz in der Wilhelmstraße.
Zahnrad - 1848, 1918 und 1933 kämpfen Arbeiter auf und in der Nähe des Platzes für ihre Rechte. In der Lindenstraße hatte seit 1930 die Metallgewerkschaft ihre Zentrale. Heute befindet sich dort die IGM als Nachfolgeorganisation.

Einwanderer
Hugenottenkreuz und Böhmischer Kelch - Beide protestantischen Gruppen wurden in ihrer Heimat verfolgt und von Preußen
aufgenommen. Sie prägten den Platz besonders im 18. Jhd.
Halbmond - Heute leben viele muslimische Einwanderer in den Plattenbauten. Als “Gastarbeiter” stützten sie den Wohlstand
Westdeutschlands und kämpfen bis heute für eine Integration in die deutsche Gesellschaft.
Platzsymbol - Bis zur Neubebauung nach dem Krieg vereinigten sich drei wichtige Straßen (Wilhelm-, Friedrich- und Lindenstraße) auf dem Mehringplatz. Die heutige Situation einer Sackgasse im verkehrs- und gesellschaftspolitischen Sinn soll durch Umbauten ab 2010 verbessert werden.